Rezension: "Alte Sorten" von Ewald Arenz

 Über die ungewöhnliche Freundschaft zweier Außenseiterinnen.

"Was war in diesem Septemberleuchten, in diesem hohen Himmel, in diesem Morgen? Es war, als wollte die Welt noch einmal zeigen, wie schön sie sein konnte, wie viele Farben sie hatte, wie frisch sie riechen konnte."

"Sie dachte an die Bienen. Manchmal fühlte es sich gut an, zusammenzuarbeiten. Weil der andere bewirkte, dass man seinen eigenen Platz im Ganzen erkannte. Dass man auf einmal Bedeutung in einem Ganzen hatte und nicht einfach nur existierte."

Titel: Alte Sorten
Autor: Ewald Arenz
Verlag: DuMont
Seitenzahl: 256
Genre: Gegenwartsliteratur

Inhalt (Klappentext)

In einem Weinberg begegnen sich Sally und Liss. Sally, jung und wütend, ist auf der Flucht vor allem und jedem. Liss, ebenfalls eine Einzelgängerin, bewirtschaftet allein einen Hof. Von Anfang an spüren sie eine seltsame Verbundenheit. Bei der gemeinsamen Arbeit auf den herbstlichen Feldern, im Birnengarten und beim Versorgen der Bienen beginnen sie zaghaft, über das zu sprechen, was sie von anderen Menschen trennt. Als Sally ungewollt eine existenzielle Krise auslöst, entdecken sie die stille Kraft der Freundschaft.

Meine Meinung

Ich wurde auf das Buch durch Instagram aufmerksam, wo es immer wieder hochgelobt wurde. Nach dem Lesen kann ich sagen, dass es seinem Ruf auf jeden Fall gerecht wird. 

Es geht um die zwei Außenseiterinnen Sally und Liss, die sich das erste Mal auf einem Weinberg begegnen. Die 17-jährige Sally ist aus einer Klinik geflohen als sie auf die deutlich ältere Liss trifft, die bei der Arbeit mit ihrem Anhänger im Graben stecken geblieben ist. Liss bittet Sally um Hilfe, die zögerlich mit anpackt und sofort beeindruckt ist von der großen, schlanken Frau und ihrer aufrichtigen Art. Liss bietet ihr schließlich Zuflucht auf ihrem Hof an, auf dem Sally nach und nach die Landarbeit kennen und lieben lernt und auf dem sie mit Liss endlich eine Person findet, die sie sein lässt, wie sie ist. Doch was hat es mit der geheimnisvollen Liss auf sich, die ganz alleine einen riesigen Hof bewirtschaftet und keinerlei Kontakte zu haben scheint?

Sally empfand ich als einen sehr anstrengenden Charakter, wohingegen Liss eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit ausgestrahlt hat. Sie war wahnsinnig geduldig mit Sally. Ich mochte sie und ihre nicht wertende Art. Auch wenn die beiden Frauen wenig miteinander sprechen, merkt man durch die einfühlsame, besondere Erzählweise nach und nach ihre Verbundenheit miteinander. Beide bringen eine schwierige Vergangenheit mit und man ist neugierig darauf, mehr über sie zu erfahren.

Der Schreibstil des Romans ist ebenfalls sehr besonders, denn er spricht die Sinne an. Man kann das Landleben regelrecht fühlen, schmecken und riechen und sehnt sich nach einer Auszeit in dieser wunderschönen Idylle. Arenz schreibt melancholisch, empathisch, aber auch leicht und klar.

Einen kleinen Minuspunkt bekommt das Buch von mir, da ich gerne etwas mehr über Sallys Geschichte erfahren hätte, die ein wenig zu kurz kam. Über Liss erfährt man doch einiges mehr. Teilweise konnte ich manche Dinge erahnen, aber einiges war auch überraschend für mich. 

Insgesamt ein wirklich gelungener Roman, den ich gerne weiterempfehle und der mich mit seiner Unaufdringlichkeit und seiner Atmosphäre beeindruckt hat.

Bewertung

4 von 5 Sterne

★★★★☆











Kommentare

  1. Liebe Steffi

    Es freut mich sehr, dass dir das Buch so gut gefallen und dir so schöne Lesestunden beschert hat. Du hast recht, über Sally hätte ich auch gerne noch mehr erfahren. Aber gleichzeitig macht ihre ruhigee, undurchdringliche Art die Geschichte auch irgendwie aus und sie hat als Figur einen ganz eigenen Reiz.

    Auf jeden Fall ist dir eine tolle Rezension gelungen und ich freue mich schon darauf, bald "Der grosse Sommer" zu lesen (ich warte auf das Taschenbuch, damit die Bücher im Regal gut zusammenpassen ;-)

    Alles Liebe
    Livia

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    1. Hallo liebe Livia,
      vielen Dank für das Kompliment :).
      "Der große Sommer" habe ich letztes Jahr als Hörbuch gehört. Ich fand es ganz gut, allerdings gefiel mir "Alte Sorten" etwas besser. Ich bin schon sehr gespannt auf deine Meinung dazu.
      Liebe Grüße Steffi

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