Rezension [Hörbuch]: "Das wirkliche Leben" von Adeline Dieudonné
Eine fesselnde Geschichte von ungeheurer Intensität.
Autorin: Adeline Dieudonné
Sprecherin: Camilla Renschke
Verlag: Der Audio Verlag
Gerne: Gegenwartsliteratur/ Fiktion
Gesamtspielzeit: 5 Stunden, 9 Minuten
Ungekürztes Hörbuch
Inhaltsangabe
"Bei uns zu Hause haben wir vier Schlafzimmer. Meines. Das meines kleinen Bruders. Das der Eltern. Und das der Leichen." Die Leichen, das sind die ausgestopften Jagdtrophäen, die der Vater der zehnjährigen Ich-Erzählerin von seinen Großwildsafaris mit nach Hause bringt. Und die er mehr liebt als seine Familie, für die er nur Verachtung und Prügel übrig hat.
Mutig und voller Liebe versucht das Mädchen, ihren jüngeren Bruder vor der väterlichen Gefühlskälte und Gewalt zu schützen. Doch dann geschieht eines Tages ein schrecklicher Unfall, der nicht nur das fröhliche Lachen des Bruders erstummen lässt. (Audible, ©DAV)
Meine Meinung
Als ich das Hörbuch begonnen habe, habe ich nicht wirklich gewusst, was da auf mich zukommt - nämlich eine Geschichte, die unglaublich fesselnd, faszinierend, aber auch brutal und schonungslos ist.
Erzählt wird von einer namenlosen Ich-Erzählerin, die zu Beginn der Geschichte 10 Jahre alt ist und die mit ihrem Vater, der Mutter und ihrem 4 Jahre jüngeren Bruder Gilles in einem Reihenhaus am Waldrand lebt. Der Vater liebt die Jagd, TV schauen und Whiskey und ist ein grober Mann, der seine Grausamkeit innerhalb der Familie auslebt. Besonders die Mutter, die von der Ich-Erzählerin immer wieder als Amöbe bezeichnet wird, bekommt diese zu spüren. Ihre Tochter hat nicht viel für sie übrig. Dafür liebt sie ihren Bruder umso mehr und will ihn schützen.
Eines Tages erleben die Geschwister ein traumatisches Ereignis, das für mich absolut unerwartet kam und mich wirklich geschockt hat. Die Eltern spenden den Kindern keinerlei Trost und lassen sie mit ihrer Erschütterung alleine. Gilles verändert sich nach diesem Erlebnis und die Ich-Erzählerin möchte das Geschehene unbedingt ungeschehen machen und setzt sich in den Kopf eine Zeitmaschine zu bauen, damit sie und ihr Bruder vor dieses Erlebnis zurückreisen können.
Das Buch hat eine unheimliche Sogwirkung und hat mich von Beginn an gefangen genommen. Stellenweise ist es, wie bereits am Anfang erwähnt, sehr brutal und manchmal war es mir ein bisschen zu viel. Es gibt sehr detailreiche blutige Szenen und auch Tierquälerei ist ein Thema. Trotzdem hat es einen ganz besonderen Reiz und die Protagonistin hat mich mit ihrer wahnsinnigen Stärke sehr beeindruckt. Unerschütterlich glaubt sie an ein besseres Leben und sie lässt sich nicht unterkriegen. Obwohl sie so viel mitmachen muss, scheint ihr nichts wichtiger zu sein, als ihren Bruder wieder lachen zu sehen. Dieser hat - milde gesagt - eine sehr ungute Entwicklung genommen, bei der ich Schwierigkeiten hätte, noch das Gute in ihm zu sehen, auch wenn man hier gezeigt bekommt, wo sein Verhalten seinen Ursprung hat. Das Ende hat mich ebenfalls nochmal sehr aufgewühlt, aber irgendwie hat es gepasst.
Der Schreibstil ist sehr direkt, intensiv und ausdrucksstark. Die Bilder bleiben einem im Kopf hängen. Auch die Sprecherin trägt ihren Teil dazu bei, dass das Buch so eine starke Wirkung hat. Ich fand sie perfekt für das Buch und kann es nur weiterempfehlen, wenn man keine Probleme mit expliziten Gewaltbeschreibungen hat.
Bewertung
4 von 5 Sterne
★★★★☆
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